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Yin Cheng’s Feedback Variations at 3AM. 12.03.2017, Künstlerhaus am Flutgraben, Berlin

There’s no doubt about it, critics need some purification from time to time, that’s why we engage frequently in autogenous training, dabble in transcendental philosophy, occupy every somatic meditation course pretested by Madonna and spend our birthday vouchers on family constellation therapy in the 3rd degree. That being the case, why not try some elevator meditation, I’m asked by Elena (Philipp) at 3AM, the hyper-relaxed Berlin performance locale, and of course I’m all for it, even more so when bearing in mind that despite all coherent considerations, people with a journalism background still manage to get in here. So no sooner said then done: entering the cold outdoor lift, closing under the instructions of guru Yin Cheng our eyes, focusing on fingers and toes, later the hips…, and, just before freezing to death, quickening the breathing (that sounds like pairing did once upon a time), and—opening my eyes again, wow, yes, great reinforcement of the life-soul balance — especially that of nearby janitor. Most likely stuck in some Bruce Lee trip, he swings his forearm-length flashlight, banging the elevator’s window’s safety glass (eyes closed again!) and extends his multifunction key to the dark outside while radiating an exaggerated optimism. Naturally, we critics are the first to figure out just when it was that the experimental meditation shifted into an elevator malfunction, busying ourselves calmly (hey, you’ve experienced far worse things in the theatre, right?), comforting some panicking fellow desperately wanting to reach his mother in Spain (no need to worry her), inciting our favourite press officer to manage the interview requests with the survivors later and, yes, feel as useful as, well, we have to admit: never before.

Auf Deutsch: Kritiker*innen brauchen ab und zu eine Läuterung, klar, darum machen wir autogenes Training, beschäftigen uns mit Transzendentalphilosophie, belegen jeden von Madonna vorgetesteten Somatic-Meditation-Kurs und wünschen uns zum Geburtstag Gutscheine für Familienaufstellungen dritten Grades. Warum also nicht mal Aufzugmeditation ausprobieren, fragt mich Elena (Philipp), und natürlich bin ich sofort dabei, schon allein aus Anerkennung der Tatsache, dass bei 3AM, dem hyper-entspannten Berliner Tanznerd-Treff (auf dem wir zum Zeitpunkt des Geschehens sind) trotz aller Bedenken auch Leute mit Journalismus-Hintergrund reinkommen. Also rein in den kalten Außen-Aufzug, starke Konzentration auf Finger-und Fußspitzen, irgendwann Hüfte, kurz vor dem Erfrieren stoßweise Atembeschleunigung wie einst beim Mann-Frau-Partnering, schließlich Augen auf und wow, ja, alles wieder ganz anders, Leib-Seelen-Verhältnis gestärkt – vor allem das des mitanwesenden Hausmeisters. Höchstwahrscheinlich auf irgendeinem Bruce-Lee-Trip festgefahren, schwingt er seine unterarmlange Taschenlampe, schlägt damit das Sicherheitsglas des Aufzugsfensters klein (Augen wieder zu!) und streckt dann übertrieben hoffnungsvoll seinen Multifunktionsschlüssel in die Dunkelheit. Wir Kritiker*innen haben natürlich sofort kapiert, dass dies hier keine Performance mehr ist sondern eine Aufzugspanne, betätigen uns allseits seelsorgerisch (Leute, es gibt Schlimmeres im Theater), trösten den Verzweifelten, der seine Mutter in Spanien informieren will und nicht erreicht (Macht sie sich schon keine Sorgen), stellen in Aussicht, unseren Lieblings-Press-Officer für die Regelung späterer Interviewanfragen an die Überlebenden zu kontaktieren und, ja, fühlen uns so nützlich wie, sagen wir es ruhig: noch nie.

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