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The Instrument: Peer. 23.07.2017, SOUND D ANCE Festival, Dock 11, Berlin.

Im Publikumsgespräch erfahren wir, dass die romantischen Kompositionen Edvard Griegs zu „Peer Gynt“ nicht nur als entfernte Kindheitsmelodien im Leben der Tänzerin Maya M. Carroll nachhallen, sondern der konkreten Bewegungsrecherche und Soundkomposition (Roy Carroll) gedient haben. Zu den ausladenden, triefenden Suiten, die nicht zufällig als musikalische Untermalung in Bierwerbung dienen, hätten Carroll und der Tänzer Janne Aspvik in Wald und Wiesen getanzt, improvisiert, Gefühlen nachgespürt – am Ende aber steht eine formale Choreografie, die keine unmittelbaren Spuren der Originalmusik an den Körpern mehr zulässt, sie stattdessen in eine präzise Folge mit hohem Abstraktionsgrad überführt. Von der großen Narration ist fast nichts übrig, mit Ausnahme eines einzelnen Astes, der menschengroß in der Mitte des Raumes ruht, um später als archetypisches Symbol über der Szenerie zu schweben. Verästelungen von Peer und Gynt und Feenlandschaft. Gleichzeitig öffnet sich dieser Raum als eine flimmernde musikalische Lichtung (bei Sonnenaufgang, von Morgentau benetzt), auf der zwei Geschöpfe wandeln und um sie herum dehnt sich die Zeit in die Breite, knistert, pfeift, zirpt es, bis die Töne in einen großen Klangraum driften und beinahe der Romantik, der sie entsprungen sind, frönen, wäre ihnen nicht diese Unaufgeregtheit und Lässigkeit eigen, in der sie ausharren und sich verzweigen.

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