GRAPESHADE: nowtime. 27.07.2017, SOUN D ANCE Festival, Dock 11, Berlin.
Zwischen Bass, Geige, Körper und Körper – im Geviert – entspinnt, entfaltet und ereignet sich: „nowtime“, das Jetztzeit-Set des Quartetts GRAPESHADE.
Zwei Tänzer*innen mengen sich ins Publikum, schieben, auf dem Rücken liegend, sich langsam zwischen Füße und vorbei an Knien, dabei ein Bonbonpapier knisternd mit den Fingern, zwängen sich durch den engen Spalt zwischen den Podesten, unter der Tribüne raschelnd, und nutzen ihre Stimme, das native Instrument, mal gurrend, kreischend, dann wieder murmelnd, gellend bis gedämpft, Tierlaut und Stimmgewirr imitierend im steten Dialog mit der flirrend, flackernd, flächig-breit gestrichenen Geige von Biliana Voutchkova und Klaus Janeks zupf-streich-wisper-dröhnend rhythmisiertem Kontrabass.
Blickbewegung und körperlicher Klang: gefüllter Raum.
Gemeinsam bilden wir physikalisch eine Masse, an diesem Ort, zu dieser Zeit, und mit ihren saalweit verstreuten Aktionen verändern Lisanne Goodhue und Ingo Reulecke die Gravitation im Raum, beugen ihn hier, dellen ihn dort, verbinden mit zurückgelegtem Kopf und hochgerecktem Arm den unter ihren Barfußschritten knarrenden Hallenboden unter dem rohen Ziegeldach, rennen stolpernd und sinken nieder unter unsichtbarem Gewicht oder scheinen Fäden durch ihren Oberbauch hindurch zu ziehen – Materie, die durch Materie drängt.
Ingo Reulecke, oft an der Hüfte eingeklappt, Bein gestreckt, mitunter komisch, zerteilt handkantig die Luft mit weichgerundetem Arm, dann wieder spielerisch Details seiner Umgebung erkundend, und Lisanne Goodhue, die, obwohl präsent und klar, wie in eine innere Narration verstrickt erscheint, flüssig artikuliert in wendig-ungesehener Bewegungsfindung, bahnen der inzwischen mitbeweglichen Masse, uns, am Ende den Weg ins Freie, wo „nowtime“ sacht verklingt an diesem hellen, kühlen Sommerabend.
4.5’s SOUN D ANCE Festival Blog