Christine Gaigg / 2nd nature: CLASH. 03.08.2017, ImPulsTanz, Odeon, Wien.
Eine „ideologie-kritische Performance“, ein „Bühnenessay, in dem körperlich emotionale und reflektierende Ebenen miteinander wirksam sind“, schreibt Choreografin, Regisseurin und Autorin Christine Gaigg und lässt in einer schummrig-legeren, begeh- und besetzbaren Bühnenraumkonstruktion (Philipp Harnoncourt) Szenen aneinander clashen. Entlang einer Auseinandersetzung mit dem Attentat von Orlando am 12. Juni 2016 – es werden die Namen der Opfer verlesen – reenacten Max Fossati, Robert Jackson und Juliane Werner homophobe Hate Speech, eine TV-Debatte mit dem Journalisten und Aktivisten Owen Jones anlässlich des Anschlags, den ikonografischen Vogueing-Film „Paris is Burning“ und das Reenactment einer Performance aus dem Jahr 1981 von Jack Smith, Pionier des US-amerikanischen Underground-Films, durch Ron Vawter, Schauspieler der legendären Wooster Group, im Jahr 1992.
Der körperliche Perfektionismus, mit dem die Vorlagen synchronisiert werden, steht in Kontrast zur minimalistischen Ausstattung sowie zum intimen Publikumsarrangement und verbindet die voneinander abgesetzten Szenen zu einem Bild von Gewalt durch Verdrängung, durch Verleugnung der eigenen Sexualität. Dabei rücken die Performenden, die körperliche Nähe des Publikums immer wieder suchend, die Wucht des Hasses zur jeweils individuellen Notwendigkeit, Position zu beziehen, zurecht.
Am Ende: Umarmungen.
[…] Eine Uraufführung war angekündigt, ein „Befreiungsschlag“, eine „Aufbruchsstimmung gegen Kleinrasterung“ – zu sehen dann eine Werkschau: Drei Reenactments von historischen Performances wurden im Museumsraum der Ausstellung „Woman Feminist Avant-Garde of the 1970s“ zur freien Begehung zur Verfügung gestellt. Erstens: Eine Umdeutung der intimen interaktiven Performance „Feed Me“ von der feministischen Künstlerin Barbara Smith aus 1973 zur bloßen one-on-one Begegnung mit Gaigg unter dem Titel „Meet Me“. Zweitens: Ein Reenactment von „Roy Cohn / Jack Smith“ von Ron Vawter aus dem Jahr 1992, seinerseits ein Reenactment einer Performance von Jack Smith aus dem Jahr 1981. Drittens: Für die Pussy Riot Assoziation läuft eine Performerin im ikonischen Outfit vor einem Security durch die Räumlichkeiten davon. Und: Alles eine Wiederverwertung, da schon mal, sogar kürzlich, in Stücken von Gaigg vorgekommen (vgl. „CLASH“ -> 103). […]
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