195 / Serie Immersion 6

Im Rahmen von Thomas Oberender / Tino Sehgal: Welt ohne Außen. Immersive Räume seit den 60er Jahren. Isabel Lewis: „Distention in Several Directions: a week of ambient dances“, 12.07.2018, Martin Gropius Bau, Berlin.

Oben, in der zweiten Ausstellung, angekommen, laufe ich durch ein Spiegelkabinett aus Milchglas (Larry Bell), klettere durch eine Sinuskurve (Lucio Fontana & Nanda Vigo), werde von Lichtstrahlen attackiert (Carsten Höller) und von drei Tänzer*innen aus dem angenehmen Schrecken herausge-entertained („This is so contemporary“ – Tino Sehgal). Die Kunst/Tanz-Kenner*innen können schmunzeln, die anderen fühlen sich sicher supi unterhalten und nach einem Aufenthalt im dunklen Raumschiff mit bunten Lichtern (Dominique Gonzales-Foerster: „COSMODROME“) kann man sich dann auch ein Tässchen Tee gönnen (Dambi Kim), in Selbsthilfe- und Weltverbesserungsliteratur stöbern und genießen, sich auf der richtigen Seite (ohne Außen) wohl zu fühlen. Isabel Lewis schließlich lädt uns ein, einfach mal loszulassen, es uns auf den Matten am Boden bequem zu machen, die Augen zu schließen oder die Aussicht auf die so schöne Decke zu genießen. So schön. So schön, so harmlos, so uninspiriert will sich die Wohlfühlkunst an mich heranschmiegen, dass mir auf einmal ganz kalt wird.

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Hinlegen auf Matten (alternativ, weil die Matten nicht reichen, auf dem bloßen Boden), an die Decke gucken oder Augen zumachen, soweit die Anweisung von Isabel Lewis – die Filmaufnahme aus der rechten Ecke des Raums heraus wird nicht erwähnt. Sound an. Ein repetitives Ploppen, das sich anhört wie elektronisch nachgemachtes Wassertropfen, dazu ein paar wenige, melodisch wummernde Basstöne, sehr viel später zwei erkennbare Melodielinien. Lewis kniet zunächst in der Hocke, um das ebenfalls auf dem Boden platzierte Mischpult in der Mitte des Raums zu bedienen, dann steht sie auf und macht mit den Armen wellenförmige Bewegungen über den Körpern der Liegenden, jeweils jede*n Einzelne*n mit mindestens einer Wellenbewegung bedenkend beziehungsweise energetisch bedeckend. Nachdem alle angesteuert wurden, jedoch viele Teilnehmende den Raum schon verlassen haben, bevor die Wellen einmal komplett die Runde gemacht haben, verebbt der Sound, die Verbliebenen klatschen kurz im Liegen oder richten sich während des Klatschens auf, der Raum leert sich schnell.

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